Ein früher Vorläufer der E-Gitarre? Statt Bünden sind am Hals 84 Tasten in 7 Reihen angeordnet. Die Anzahl der "Seiten" geht mit 159 Drahtzügen etwas über die heutiger Gitarren hinaus, was Fragen aufwirft.
Mélophon
(Druckwindinstrument)
60 Töne
(Slg.Oriwohl, Nr. B- 106)
Als Ergänzung findet sich ein Akustikkörper in dem sich allerdings ein Wechselbalg befindet. Eine Hälfte ist zusammengedrückt, die andere aufgezogen. Zur besseren Ansicht ist Letztere auf der rechten Seite gelöst und offenbart einen Windschacht zum Ansaugen, sowie einen zum Ausblasen von Luft (rot). Aber wohin?
Der Wechselbalg wird mit dem Schieber bedient. In jeder Bewegungsrichtung stößt eine Hälfte durch die sichtbaren Öffnungen Wind aus, während die andere gleichzeitig seitlich mit Luft gefüllt wird.
Aufgesetzt auf den Resonanzkörper mit Wechselbalg wandelt sich die "E-Gitarre" zu einer "Akustikgitarre".
Die Windzufuhr der Kanzellen wird über durch Drähte bewegte runde Decker gesteuert. Ein Anblick der an frühere Stellwerksschächte der Eisenbahn erinnert, als Weichen und Signale noch mittels Drahtzügen bedient wurden. Alle 7 Tastenreihen zu je 12 Tasten (im Bild nur 5) sind chromatisch aufgebaut. Jede zweite Reihe stellt eine Wiederholungsreihe im Quintabstand dar.
Die Stimmplatten der tieferen und mittleren Töne sind auf einzelnen Kastenkanzellen aus Holz aufgeschraubt, die der höheren Töne direkt auf dem Boden.
In ihrem Inneren befinden sich allerdings 60 Durchschlagzungen aus Messing. Am unteren Gehäuseboden sind links und rechts 2 durch ein Ventil (graue Läppchen) abgedeckte Öffnungen zu sehen, die auf den Ausblasschächten des Wechselbalges aufsitzen. Wird die Gehäusedecke mit den Stimmzungen zugeklappt und mit den am Rand erkennbaren Flügelmuttern luftdicht verschlossen, kann mit jeweils einer Balghälfte Druckwind in das eine Windkammer bildende Gehäuse eingeblasen und Töne erzeugt werden.
Ein geöffneter Decker ermöglicht den Austritt des Druckwindes, der vorher auf seinem Weg die Stimmzunge in Schwingung versetzt hat.
Herstellung: Fa. Busson, 1850. Patent von Leclerc.
chromat. Tonvorrat: H - e4; (5,25kg)
Die Länge des Mélophons beträgt einschließlich des Balgschiebers 84cm. Dieses sehr eigene Musikinstrument wurde um 1840 eingeführt und erregte solo und im Zusammenspiel Aufmerksamkeit, wenn auch nur für eine relativ kurze Zeit. Neben der sicherlich empfindlichen Drahtzugmechanik trug vor allem der astronomisch hohe Herstellungspreis dazu bei, dass es nur als exotischer Klangkörper in die Musikgeschichte einging.
Ein Mélophon (höchstvermutlich in der Türkei) in typischer Spielhaltung. Das Foto wurde 2013 von einem Bekannten von Herrn Oriwohl in Istanbul entdeckt und erworben, sowie freundlicherweise zur Verfügung gestellt.
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